Von der Christonormativität zur Komparativen Theologie

Handbuch der Religionen, XIV. Religion im Verhältnis zu ...

Geneva Blackmer
Abdul Basit Zafar

Titel deutsch

Von der Christonormativität zur Komparativen Theologie: Auf dem Weg zu einem inklusiven Modell der Religionspädagogik in Deutschland

Zusammenfassung und Schlagwörter

Dieser Beitrag schlägt einen interdisziplinären Ansatz innerhalb der Komparativen Theologie zur Thematisierung von kulturellem Rassismus in der Religionspädagogik (RP) vor. Dabei wird die nuancierte Dynamik des religiösen Ausdrucks hervorgehoben, die in multikulturellen und antirassistischen Pädagogiken oft übersehen wird. Anhand von Fallstudien aus Deutschland, England und den USA wird die Analyse von zwei Kernannahmen geleitet: erstens von der anhaltenden Dominanz des christlichen Privilegs und der Christonormativität und zweitens von der Prävalenz von Mikroaggressionen, die von Fürsprecherinnen und Fürsprechern ausgehen und denen Schülerinnen und Schüler aus religiösen Minderheiten ausgesetzt sind. Unter Zuhilfenahme von Tariq Modoods Konzept des kulturellen Rassismus, von Gerd Baumanns Unterscheidung zwischen dominanten und demotischen Diskursen und von Reinhold Boschkis pädagogischem Rahmen des Erinnerungslernens kritisiert der Beitrag die stark vereinfachten rassischen Binaritäten, die in der antirassistischen und multikulturellen Bildung vorherrschen. Diese Binaritäten marginalisieren oft den religiösen und kulturellen Pluralismus und führen zu einer unbeabsichtigten Kulturalisierung, die Stereotype und Mikroaggressionen aufrechterhält. Wenn sich die RP von ihrem rassifizierten und kulturellen Kontext distanziert, neigt sie dazu, eine losgelöste Form der religiösen Bildung zu produzieren, die ihre Verstrickungen mit der Geschichte des Kolonialismus, mit der christonormativen, weißen Identitätspolitik und mit sozialen Konflikten vernachlässigt. Die RP muss sich ihrer Mitschuld an der Aufrechterhaltung systemischer Ungleichheiten stellen, indem sie hinterfragt, wie der interreligiöse Dialog unbewusst kulturellen Rassismus reproduziert. Damit die RP zu einem konstruktiven sozialen Wandel in einer pluraler werdenden deutschen Gesellschaft beitragen kann, muss sie ausdrücklich interdisziplinär, vergleichend und epistemisch offen werden. Dieser Wandel erfordert pädagogische und curriculare Reformen, die darauf abzielen, Mikroaggressionen abzubauen und integrative, kritisch vergleichende Lernumgebungen zu fördern, in denen sich Lernende unabhängig von ihren Familien- und Herkunftsgeschichten gleichberechtigt engagieren können.

Antirassistische Bildung, Christonormativität, Erinnerungslernen, multikulturelle Bildung, Komparative Theologie, Mikroaggression, kultureller Rassismus, Religionspädagogik, Fürsprecherin/Fürsprecher

Title english

Overcoming Cultural Racism in Religious Education: Comparative Theology as a Response to Microaggressions and Colonial Structures

Summary and Key Words

This paper proposes for an interdisciplinary approach within comparative theology to address cultural racism in religious education (RE), emphasizing the nuanced dynamics of religious expression often overlooked in multicultural and anti-racist pedagogies. Using the educational contexts of Germany primarily, England, and the USA as case studies, the analysis is guided by two core assumptions: first, the persistent dominance of Christian privilege and Christo-normativity; and second, the prevalence of “spokesperson” microaggressions experienced by students from religious minority backgrounds. By incorporating Tariq Modood’s concept of cultural racism, Baumann’s distinction between dominant and demotic discourses, and the pedagogical framework of memory learning, the paper critiques the oversimplified racial binaries that dominate anti-racist and multicultural education. These binaries often marginalize religious and cultural pluralism, resulting in unintended culturalization that perpetuates stereotypes and microaggressions. RE, when stripped from its racialized and cultural contexts, tends to produce a disembedded form of religious literacy that neglects its entanglement with histories of colonialism, identity politics, and social conflict. As such, RE must confront its complicity in upholding systemic inequalities by interrogating how interfaith dialogue can unwittingly reproduce cultural racism. For RE to contribute to constructive social transformation, especially in Western pluralistic societies, it must become explicitly interdisciplinary, comparative, and epistemically open. This transformation demands curricular and pedagogical reform aimed at reducing microaggressions and fostering inclusive, critically comparative learning environments where students from all backgrounds can engage equitably.

Christo-normativity, memory learning, multicultural education, comparative theology, microaggression, cultural racism, religious education, spokesperson

85. Ergänzungslieferung / 2025 / Gliederungs-Nr.: XIV-5.1.1

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