Ergänzungslieferung 72

Die vorliegende EL 72 legt ihren Schwerpunkt auf den Bereich des Christentums, insbesondere Protestantismus.

Unser ehemaliger HdR-Fachgebietsleiter Prof. Dr. Erich Geldbach präsentiert einen Überblick über „500 Jahre Täuferbewegung“, die trotz ihrer Ausgrenzung in einem EKD-Grundlagentext über 500 Jahre Reformation zweifellos einen Teil der Reformationsgeschichte darstellt. Um eine faire Auseinandersetzung mit diesem „linken Flügel der Reformation“ bemüht sich ein Verein, „der eine halbe Dekade zwischen 2020 und 2025 unter dem Motto „Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung“ geplant hat. Der fünfjährige Weg soll anhand von Jahresthemen über Geschichte, Tradition und Erbe der Täuferkirchen, über Niedergang und Erneuerung, Glaubensmut und Glaubensschwäche informieren und Mut machen, über den eigenen Glauben heute in ökumenischer Verantwortung zu reflektieren.“

Dr. Verena Schneider, Wiss. Mitarbeiterin am Institut für Praktische Theologie, Abteilung für Religions- und Kirchensoziologie (Universität Leipzig), reflektiert über „Protestantische Ethik? – Werte als Folgen der Reformation in Deutschland und den USA“. Die Autorin untersucht den reformatorischen Einfluss auf „heutige Einstellungen und Wertorientierungen in Deutschland und den USA“, wobei sie von der Weber-These über den Zusammenhang von Protestantismus und Kapitalismus ausgeht und anhand von Einwanderungsdaten und historischen Religionsstatistiken den großen Einfluss deutschsprachiger Einwanderer auf die US-Religionslandschaft darstellt. Anschließend wertet sie die Umfragedaten des World Values Survey aus.

„Männerarbeit im Spannungsfeld von Religion und Männlichkeit“ – dieses traditionelle protestantische Themenfeld analysiert der evangelische Theologe und Historiker Martin Rosowski, seit 1991 Geschäftsführer des Fachbereichs Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Autor zeichnet die historische Entwicklung nach, wobei die Schwerpunkte „auf Arbeitsformen in den katholischen und evangelischen Kirchen in Deutschland liegen, da hier die Tradition dieser spezifischen Arbeit am stärksten ausgeprägt ist und sie sich in kritisch-reflexiver Perspektive stetig weiterentwickelt hat.“

Der Münsteraner katholische Religionspädagoge Clauß Peter Sajak thematisiert „Alltagsintegrierte religiöse Bildung“. Dieser Ansatz greift „alltägliche Situationen im Leben von Schülerinnen und Schülern“ auf und will „an diesen die religiöse Tiefendimension menschlicher Wirklichkeit ausleuchten“.

Der Beitrag von Dr. Carola Roloff, Gastprofessorin für Buddhismus an der Akademie der Weltreligionen/Universität Hamburg, klagt über mangelndes Allgemeinwissen in Sachen Buddhismus in Deutschland. Roloff fragt danach, wo heute in Deutschland der Buddhismus als Religion gelehrt wird (Hochschulen, Schulunterricht, buddhistische Gemeinschaften für Kinder und Jugendliche, Erwachsenenbildung in buddhistischen Zentren) und analysiert buddhistische Bildungskonzepte.

„Argumente für eine religions- und spiritualitätssensible Psychologie“ stellt der Psychologe, Psychotherapeut und Religionspsychologe, Honorarprofessor Dr. Michael Utsch vor, seit 1997 wissenschaftlicher Referent der EZW und Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten. Für Utsch ist die spirituelle Dimension eine anthropologische Konstante. „Spirituelles Erleben und religiöses Verhalten nehmen Einfluss auf die Identitätsbildung des einzelnen und sind damit psychologisch relevant.“ Der Autor analysiert Theorien des religiösen Copings und der Positiven Psychologie. „Die therapeutischen Effekte des Vergebens bieten günstige psychologische Anknüpfungspunkte, um Religiosität und Spiritualität besser zu verstehen.“

Zwei Rezensionen enthält die EL: Pfarrerin Dr. Sybille C. Fritsch-Oppermann, Lehrbeauftragte für Religionswissenschaft und Religionsphilosophie an mehreren Hochschulen, bespricht das neueste Buch von Martin Rötting „Spiritualität vs. Religion. Eine interreligiöse Beziehungsanalyse“ (2022). Pfarrer Achim Riggert, Geschäftsführender Vorstand von INTR°A (= Interreligiöse Arbeitsstelle und Netzwerk), bespricht das zweibändige Werk von Udo Tworuschka: „Religionen im Unterricht. Ein geschichtlicher Abriss des interreligiösen Lernens“ (2022).

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