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Luise Schottroff

Handbuch der Religionen, I. Grundlegende Artikel

Claudia Janssen
Rainer Kessler

Luise Schottroff

Zusammenfassung

Luise Schottroff (1934 – 2015) hat als Neutestamentlerin wesentliche Beiträge zur sozialgeschichtlichen und feministischen Interpretation des Neuen Testaments vorgelegt. Die Frage nach der aktuellen und existenziellen Bedeutung der alten Texte hat sie aus der bis dahin vorherrschenden individualistischen Verengung befreit und in eine gesellschaftliche und politische Dimension gestellt. Ob es um die Gleichnisse Jesu oder die Gemeinde in Korinth geht, Ausgangspunkt der Auslegung ist immer die reale Lebenswelt. Sozialgeschichtliche Rekonstruktion ist für Luise Schottroff kein Selbstzweck. Sie erfolgt in befreiungstheologischem Interesse. Dazu gehört selbstverständlich auch die Befreiung von Frauen. Eine wesentliche Einsicht ist, dass sowohl Jesus als auch Paulus Juden waren und blieben und die neutestamentlichen Schriften insgesamt im innerjüdischen Diskurs angesiedelt sind, es also ein „Christentum“ im Sinne des späteren Gegensatzes zum „Judentum“ zumindest im 1. Jahrhundert noch nicht gab. Enge Fachgrenzen hat Luise Schottroff nie akzeptiert. Sie hat sich auch zu alttestamentlichen Texten geäußert. Die Enge akademischer Wissenschaft hat sie immer wieder mit Veranstaltungen auf Kirchentagen, in Bildungseinrichtungen und Kirchengemeinden aufgebrochen. Ihre engagierte Lektüre der Bibel hat sie zudem mit direktem politischem Einsatz verbunden. Durch Lehrtätigkeit in den USA in den letzten Jahren ihres Wirkens hat sie wesentliche Impulse aus der englischsprachigen Welt in die Diskurse in Deutschland eingebracht.

Neues Testament, Sozialgeschichte, Feminismus, Judentum, Befreiungstheologie; Jesus, Paulus, Korinth.

Summary

Luise Schottroff (1934 – 2015) was a New Testament scholar. Her contributions cover the socio-historical and feminist interpretation of the New Testament. She departed the strictly individualistic reading of the texts which at that time was dominant and went forward to a political reading. Be it the parables of Jesus or the Christian community in Corinth, the starting point of Schottroff’s interpretation has always been the social reality. However, reconstruction of the social situation for Schottroff is not an end in itself. It is part of a liberating strategy. Women’s liberation of course is part of this strategy. One of Schottroff’s essential insights is the fact that Jesus as well as Paul were Jews and never ceased to be Jews and that the writings of the New Testament in general were part of an inner-Jewish discussion. That means that “Christendom” as opposed to “Jewry” at least in the 1st century did not yet exist. Luise Schottroff never accepted the narrow frame of the academic world. She opened her teaching to all kinds of church meetings and congregations. In her last years she had the opportunity to teach in the U.S.A. which she used to contribute important stimuli from the English speaking world into the discussions in Germany.

New Testament, social history, feminism, Judaism, liberation theology; Jesus, Paul, Corinth

55. Ergänzungslieferung / 2018 / Gliederungs-Nr.: I – 14.9.16

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