Seichō-No-Ie: Wir sind alle Kinder Gottes

seicho-No-Ie

Dieser Blogbeitrag bringt Ihnen die faszinierende Welt der japanischen neureligiösen Bewegung Seichō-No-Ie näher, die Elemente des Christentums, des Buddhismus, des Shintoismus und der Neugeist-Lehre enthält. Basierend auf einem Fachartikel der Religionswissenschaftlerin Monika Nawrot, tauchen wir ein in die Lehren und Praktiken dieser Bewegung, die Harmonie, Dankbarkeit und ein Leben im Einklang mit der Natur in den Mittelpunkt stellt. Lassen Sie uns gemeinsam entdecken, wie Seichō-No-Ie ihren Anhänger*innen hilft, ein friedliches und erfülltes Leben zu führen.

Die Grundlagen von Seichō-No-Ie

Seichō-No-Ie, was übersetzt „Haus des Wachstums“ oder „Haus unendlichen Lebens, der Weisheit und Fülle“ bedeutet, wurde 1930 von Masaharu Taniguchi in Tokio gegründet. Die zentrale Überzeugung dieser Organisation ist, dass alle Menschen Kinder Gottes sind, unabhängig von ihrer Religion, Herkunft oder Kultur. Diese Idee basiert auf der Vorstellung, dass das Universum und Gott eins sind und dass alle Religionen ihren Ursprung in diesem universellen Gott haben.

Masaharu Taniguchi war stark beeinflusst von der Neugeistbewegung und der Idee des positiven Denkens. Er glaubte, dass eine positive Wahrnehmung der Welt diese positiv beeinflussen kann. Durch aufrichtige Vorstellungskraft und Glauben an Hypothesen wie „der Mensch ist perfekt“ oder „Krankheit existiert nicht“ können diese Annahmen laut Taniguchi wahr werden. Ein zentrales Element der Lehre von Seichō-No-Ie ist die Dankbarkeit, die zu einer positiven Lebenseinstellung führt.

Ein Leben im Einklang mit der Natur

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Seichō-No-Ie ist das harmonische Leben mit der Natur. Die Organisation legt großen Wert auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Seit dem Jahr 2000 haben sich die Aktivitäten und Veröffentlichungen von Seichō-No-Ie verstärkt auf den Umweltschutz und den sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen konzentriert. Dies führte zu verschiedenen Kampagnen und Initiativen, wie dem Austausch von Plastiktüten gegen Jutetaschen, der Verwendung von Mehrweg-Essstäbchen und der Einführung fleischfreier Gemeinschaftsmahlzeiten.

Im Jahr 2011 wurde Seichō-No-Ie Gründungsmitglied der Öko-Initiative „Religiös und Wissenschaft“. Diese Initiative zielt darauf ab, das Bewusstsein für Umweltschutz zu stärken und nachhaltige Lebensweisen zu fördern. Der Fokus auf den Umweltschutz ist heute zentral geworden und wird mit der Doktrin von Masaharu Taniguchi „für alles auf der Welt dankbar sein“ begründet.

Die Shinsōkan-Meditation

Die Shinsōkan-Meditation ist eine zentrale Praxis in Seichō-No-Ie. Das Wort Shinsōkan setzt sich aus drei Schriftzeichen zusammen: Shin bedeutet „Gott“, sō steht für „denken“ und kan ist „betrachten“. Während der Meditation versuchen die Praktizierenden, ihre eigenen geistigen Schwingungen mit den göttlichen Schwingungen in Übereinstimmung zu bringen.

Die Meditation beginnt mit einem kurzen Loblied auf den alles durchdringenden, lebensspendenden Gott, gefolgt von einer stillen Meditation. Mit einem Gebet für den Weltfrieden und einer Bekräftigung des vollkommenen Friedens und vollkommener Harmonie schließt die Shinsōkan-Meditation ab. Diese Praxis soll den Meditierenden helfen, das wahre Wesen des Menschen und aller Dinge zu ergründen und so zum Frieden zu gelangen.

Erfahrungsberichte und Heilung

Wie in vielen anderen religiösen Organisationen sind Zeugnisse von Heilungen und positiven Veränderungen im Leben der Mitglieder allgegenwärtig. Diese Erfahrungsberichte werden nicht nur auf Zusammenkünften und Seminaren erzählt, sondern auch in der Zeitschrift „Lichtquelle“ veröffentlicht. Häufig berichten neue Mitglieder über Heilungserlebnisse und ihre veränderte Einstellung zu Dankbarkeit, Vergebung und Ausdauer.

Ein Beispiel ist der Bericht einer in Deutschland verheirateten Brasilianerin, die von ihrer Teilnahme an einer Sonderkonferenz für den Weltfrieden und ihrem Besuch des Meiji-Schreins erzählt. Sie beschreibt, wie sie durch die Lehre von Seichō-No-Ie ihr Leben verändert hat und nun ein tieferes Verständnis für Harmonie und Dankbarkeit entwickelt hat.

Die Rolle der Familie und Ahnenverehrung

Die Familie spielt eine zentrale Rolle in der Lehre von Seichō-No-Ie. Die Organisation betont die Bedeutung von kindlicher Frömmigkeit und Respekt gegenüber den Eltern und Ahnen. Regelmäßige Rituale zur Verehrung der Ahnen sind ein wichtiger Bestandteil der Praxis.

Während der Ahnengedenkfeiern werden die Namen der Ahnen auf Papierstreifen geschrieben und Opfergaben wie Wasser, Brot, Salz, Kerzen, Blumen, Kaffee, Kuchen oder Alkohol dargebracht. Diese Feiern finden im Spätsommer und zur Adventszeit statt und können auch per Videotelefonie (Skype) besucht werden.

Seminare und Workshops

Einmal jährlich findet das „Seichō-No-Ie-Seminar für geistiges Training in Europa“ sowie der „Leader Workshop“ statt. Diese Veranstaltungen bieten Mitgliedern die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zur Weitervermittlung der Lehren zu verbessern und sich mit Aktiven aus anderen Ländern auszutauschen.

Während der Seminare werden Vorträge gehalten, Zeremonien und gemeinsame Rituale abgehalten, wie zum Beispiel die „Praxis des Lachens“. Bei dieser Übung beschäftigen sich die Teilnehmer mit glücklichen Gedanken, bis sie laut lachen. Diese gemeinschaftliche Praxis soll die positive Einstellung und das Wohlbefinden der Teilnehmer stärken.

Das Sonnenuhr-Tagebuch

Seit dem Jahr 2006 wird den Mitgliedern die Führung eines Sonnenuhr-Tagebuchs empfohlen. In dieses Tagebuch sollen jeden Tag glückliche Momente eingetragen werden. Das Prinzip basiert auf dem Glauben, dass nur die von Gott erschaffene vollkommene Welt existiert und dass negative Erscheinungen keine festen und bleibenden wahren Existenzen sind.

Das Sonnenuhr-Tagebuch soll den Mitgliedern helfen, sich auf die positiven Aspekte des Lebens zu konzentrieren und Dankbarkeit zu praktizieren. Diese Praxis wurde von Junko Taniguchi, der Gattin des derzeitigen Präsidenten Masanobu Taniguchi, eingeführt.

Die Zusammenarbeit mit dem NABU

Seit dem Jahr 2010 pflegt der Seichō-No-Ie-Freundeskreis e.V. den Kontakt zum Naturschutzbund (NABU) Frankfurt am Main. Gemeinsam wurden Obstbäume gepflanzt und verschiedene Umweltschutzprojekte durchgeführt. Diese Zusammenarbeit hat nicht nur einen positiven Einfluss auf die Umwelt, sondern ermöglicht es den Mitgliedern von Seichō-No-Ie auch, mehr über Ökosysteme und Nachhaltigkeit zu lernen.

Im April 2019 fand erneut eine Baumpflanzaktion statt, bei der ein Apfelbaum auf der NABU-Streuobstwiese im Sossenheimer Unterfeld gepflanzt wurde. Diese Aktivitäten stärken das Bewusstsein für Umweltschutz und fördern das Gemeinschaftsgefühl der Mitglieder.

Ein Blick in die Zukunft

Seichō-No-Ie ist eine Organisation, die sich bewusst auf verschiedene Traditionen stützt und gleichzeitig moderne Ansätze integriert. Durch das Einlassen auf die spirituelle Tradition der Shinsōkan-Meditation sollen eigene geistige Schwingungen mit göttlichen Schwingungen in Einklang gebracht werden. Diese Erfahrung wird mit der „Wahrheit des Eins-Seins in Gott“ verbunden.

Das „neue Natur- und Umweltbewusstsein“ entspringt vor allem dem Wunsch nach einer lebenswerten Zukunft. Indem man in Einklang mit der Natur lebt, versucht man, einen positiven Beitrag zur Umweltproblematik zu liefern. Das „Büro im Wald“ soll zu einem ökologischen Leben anregen und befindet sich in Einklang mit einem grundlegenden Wertewandel der Gesellschaft.

Fazit

Seichō-No-Ie ist eine faszinierende neureligiöse Bewegung, die Harmonie, Dankbarkeit und ein Leben im Einklang mit der Natur in den Mittelpunkt stellt und die Elemente des Christentums, des Buddhismus, des Shintoismus und der Neugeist-Lehre enthält. Durch ihre Lehren und Praktiken hilft sie ihren Anhänger*innen, ein friedliches und erfülltes Leben zu führen. Die Shinsōkan-Meditation, die Erfahrungsberichte, die Ahnenverehrung, die Seminare und Workshops sowie die Zusammenarbeit mit dem NABU sind nur einige der vielen Aspekte, die diese Organisation so besonders machen.

Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Fachartikel, der im Handbuch der Religionen erschienen ist:

Nawrot, Monika: Seichō-No-Ie. 65. Ergänzungslieferung 2020. In: Michael Klöcker, Udo Tworuschka & Martin Rötting (Hg.): Handbuch der Religionen. Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften in Deutschland und im deutschsprachigen Raum [Handbook of Religions. Churches and other Religious Communities in Germany and German-speaking Countries]. Westarp Science Fachverlag, Hohenwarsleben 2025.

Schlagwörter:

Äther, Ahnenverehrung, Anthropologie, Christliche Wissenschaft, Ernest Holmes, Heilung, feinstoffliche Vorstellungen, Konfuzianismus, Neugeist, Neureligion, Synkretismus, Öko-Spiritismus, Shinsōkan-Meditation

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