Gudrun Pausewang

Gudrun Pausewang

Uwe Jahnke über Gudrun Pausewang: letzte Interviews

Der Name Gudrun Pausewang wird vor allem mit ihrem bekanntesten Werk „Die Wolke“ in Verbindung gebracht. Sie hat Kinder- und Jugendbücher geschrieben, die den Nachwuchs ernst nehmen. Ein großes Anliegen war ihr zeitlebens der Naturschutz. Nun hat ihr Biograf, der Autor Uwe Jahnke, ihre letzten autorisierten Interviews herausgebracht. In seinem Buch „Nur handelt der Mensch oft nicht logisch. Letzte Gespräche mit Gudrun Pausewang und eine Würdigung ihres Gesamtwerkes“ gibt er zudem einen Überblick über die Intentionen der großen Schriftstellerin.

November 2021. Die Autorin ist keine Verfasserin von Happy-End-Geschichten. Das hat sie selbst immer wieder bei Lesungen bekräftigt. Natürlich gab und gibt es Menschen, die finden, sie würde mit ihren anspruchsvollen Werken bei den Kindern Ängste schüren. Doch das lässt sich nicht bestätigen. Wer ihre Werke aufmerksam liest, wird darin immer wieder Zeichen der Hoffnung und einigen Humor finden, obwohl der Hintergrund auf ernste Zusammenhänge verweist.

Die Schriftstellerin, die von 1928 bis 2020 lebte, setzte große Hoffnungen auf die nachfolgenden Generationen. Ihnen traute sie durchaus die politische Kraft zu, gegen Klimawandel und Atomkraft nicht nur zu demonstrieren, sondern praktikable Lösungen zu finden. Außerdem werden ihrer Meinung nach die jetzigen Erwachsenen durch den Druck der jungen Generation gezwungen, endlich etwas zu tun, aktiv zu werden und die Schäden, die sie selbst verursacht haben, zu mindern und möglichst zu beheben. Die Autorin ging mit den derzeitigen älteren Generationen durchaus hart ins Gericht. Sie klagte sie an, die negativen Entwicklungen zu negieren und zu ignorieren. Seit Jahrzehnten wurden wichtige Maßnahmen nur besprochen, aber nicht konsequent umgesetzt. Das gilt bis in die Gegenwart. Die Schriftstellerin stand daher Greta Thunberg und ihren Mitstreitern positiv gegenüber. Hier wird aktuell ein Kampf ausgefochten, der schon längst überfällig war. Und sie glaubte an die Durchsetzungskraft der jungen Menschen, notwendige Schritte in Angriff zu nehmen, sobald sie selbst so weit sind, Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Aus all diesen Gründen waren der Autorin schon die Kleinsten sehr wichtig. Nicht um sie zu instrumentalisieren, sondern um sie auf die aktuellen Problematiken aufmerksam zu machen und die Sensibilität dafür zu wecken, dass wir es selbst in der Hand haben, auf dieser Welt etwas zu ändern. Das Schlagwort dafür lautet unter anderem Konsumverzicht. Daher sprach sie schon Erstleser und sogar Kleinkinder an, denen die Geschichten noch vorgelesen werden. Ihr Bilderbuch „Die Kinder in der Erde“ erschien bereits 1988 und wurde aus aktuellem Anlass noch einmal 2020 aufgelegt.

Eigenes Engagement

Pausewangs Engagement bezog sich nicht nur auf das Schreiben von wertvollen Kinder- und Jugendbüchern. Sie selbst hielt sich von 1956 bis 1963 in Lateinamerika auf und wurde hier unter anderem auf Themen wie Armut aufmerksam. Was bedeutet es dort und hier im Westen, arm zu sein? Kann nicht der Verzicht auf immer mehr Konsum uns weiterhelfen, diese Welt etwas besser zu machen? Müssen wir dauernd alles haben, am besten noch mehrfach? Wir schaden damit am Ende nur uns selbst, denn die Erde wird ausgebeutet und gleichzeitig immer wärmer. Schließlich engagierte sich die Autorin 1983 in der Friedensbewegung in Schlitz und machte auch das Thema Naturschutz zu einem zentralen Aspekt. In Schlitz wohnte sie bis 2016 und ließ ihre berühmten Werke „Die Wolke“ und „Die letzten Kinder von Schewenborn“ spielen. Ersteres wurde sogar verfilmt und ist schon lange ein Standardwerk in deutschen Schulen. 1988 erhielt sie dafür den Deutscher Jugendliteraturpreis, 2017 folgte der Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für ihr Lebenswerk.

Über den Autor

Dr. phil. Uwe Jahnke ist fasziniert von den literarischen Utopien, die Pausewangs Werk ausmachen. Er hat Germanistik, Geschichtswissenschaft und Erziehungswissenschaft studiert. Er promovierte an der Universität Osnabrück mit der Dissertation „Die Erfahrung von Entfremdung. Sozialgeschichtliche Studien zum Werk Franz Kafkas“. Weiterhin kann er auf diverse Veröffentlichungen zum Werk Kafkas und zu neuerer österreichischer Literatur verweisen; darunter Bachmann, Bernhard, Fried, Horváth, Jandl, Jelinek und Mayröcker. Zudem hat er zu Annette von Droste-Hülshoff gearbeitet. Beim Thema Kinder- und Jugendliteratur stehen in vorderer Forschungsfront die Bilderbücher von Gudrun Pausewang, aber auch die Werke von Mayröcker und Kaufmann. Uwe Jahnke wohnt in Westfalen. Sein aktuelles Werk über die große Schriftstellerin ist im Westarp Science Fachverlag erschienen.

Nur handelt der Mensch oft nicht logisch
Die letzten von Gudrun Pausewang (1928 – 2020) noch selbst autorisierten Interviews mit dem Literaturwissenschaftler Uwe Jahnke dokumentieren beeindruckend die ästhetische Grundstruktur ihres literarischen Werkes, nämlich die untrennbare Verbindung ihres politischen und gesellschaftskritischen Engagements mit ihrem Schreiben, besonders auch für Kinder und Jugendliche.

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