Wer kennt sie nicht? Hänsel und Gretel, Rotkäppchen, Dornröschen – fast jedes Kind in Deutschland ist mit den Märchen der Brüder Grimm aufgewachsen. Doch hinter diesen vertrauten Geschichten stehen zwei Persönlichkeiten, die nicht nur Sammler von Volksmärchen waren, sondern auch Prinzipien, Überzeugungen und eine ganz bestimmte Art zu leben hatten.
In dieser Artikelserie wollen wir berühmte Persönlichkeiten aus der Geschichte durch die Brille der Psychologie betrachten – inspiriert von dem Test „Ihr Persönlichkeitsportrait“.
Frühe Jahre: Verantwortung von klein auf 
Jacob (1785) und Wilhelm (1786) Grimm wuchsen in Hanau auf. Als ihr Vater früh verstarb, war die Familie plötzlich in schwierigen Verhältnissen. Schon als Jugendliche mussten die Brüder Verantwortung übernehmen – für ihre Mutter, ihre jüngeren Geschwister und für ihre eigene Zukunft.
Diese frühe Erfahrung prägte ihren Charakter: Pflichtbewusstsein, Disziplin und der Wille, durch Arbeit Sicherheit zu schaffen. Man erkennt hier schon die gewissenhafte Seite ihrer Persönlichkeitsstruktur.
Inspiration in Marburg 
Während ihres Studiums in Marburg lernten sie den berühmten Juristen Friedrich Carl von Savigny kennen. Dieser inspirierte sie, nicht nur Jura zu studieren, sondern sich mit Sprache, Geschichte und Kultur zu beschäftigen.
Die Begegnung zeigt viel über ihren Charakter: Sie waren offen für geistige Anregungen, aber auch diszipliniert genug, daraus eine Lebensaufgabe zu machen. Aus Neugier entstand eine jahrzehntelange Leidenschaft für Sprachforschung.
Gewissenhaft und Prinzipientreu 

Die Brüder Grimm waren in vielerlei Hinsicht Musterbeispiele für den gewissenhaften Persönlichkeitsstil. Sie arbeiteten mit einer beeindruckenden Ausdauer an der Sammlung und Systematisierung deutscher Volksmärchen.
Ein besonders eindrückliches Beispiel für ihre Prinzipientreue ist die Episode von 1837, als die beiden Professoren an der Universität Göttingen gemeinsam mit fünf weiteren Kollegen – den sogenannten „Göttinger Sieben“ – dem neuen König von Hannover die Gefolgschaft verweigerten. Sie weigerten sich, eine Loyalitätserklärung zu unterzeichnen, weil sie sie für verfassungswidrig hielten.
Die Konsequenz: Entlassung und Berufsverbot. Doch für die Grimms war es wichtiger, mit reinem Gewissen zu handeln, als sich anzupassen. Das zeigt: Ihre Loyalität galt nicht der Macht, sondern den eigenen Werten.
Idealisten im Dienste der Kultur 
Neben ihrer Gewissenhaftigkeit hatten die Brüder auch eine stark idealistische Seite. Ihr Ziel war es, den „Volksgeist“ sichtbar zu machen. Sie glaubten, dass in den Märchen das Wesen einer ganzen Nation lebt.
Das prägte ihre Arbeit: Sie sammelten Geschichten nicht nur, sie bearbeiteten sie auch. In späteren Auflagen passten sie die Märchen so an, dass sie pädagogisch wirksamer und moralisch klarer wurden.
Ein Beispiel: In der ersten Version von „Hänsel und Gretel“ war es die Mutter, die die Kinder im Wald aussetzte. Doch in späteren Auflagen ersetzten die Brüder die Mutter durch eine böse Stiefmutter. Damit wollten sie das Bild der „guten Mutter“ unantastbar lassen – ein Hinweis auf ihre idealistische Vorstellung von Familie und Moral.
Arbeit am „Deutschen Wörterbuch“ – ein Lebenswerk ohne Ende 
1854 erschien der erste Band ihres „Deutschen Wörterbuchs“. Doch das Projekt war so gigantisch, dass sie es nie vollenden konnten. Jacob und Wilhelm sammelten Wörter, erklärten Herkunft, Bedeutung und Gebrauch – akribisch, mit einer Geduld, die nur gewissenhafte Persönlichkeiten aufbringen.
Ein Zeitgenosse schrieb einmal über sie: „Die Brüder Grimm sind wie Bergleute, die Schicht um Schicht in den Stein der Sprache eindringen.“
Zurückhaltend und eng verbunden 

Im privaten Leben waren die Grimms eher zurückhaltend. Sie suchten nicht die große Bühne, sondern lebten bescheiden. Was sie stark machte, war ihre enge Verbundenheit. Zeit ihres Lebens wohnten sie zusammen, zuletzt sogar in Berlin, wo sie in denselben vier Wänden alt wurden.
Ihre Sensibilität und Zurückhaltung zeigen sich darin, dass sie Halt nicht im Rampenlicht, sondern im familiären Zusammenhalt fanden.
Eine Szene aus ihrem Leben 
Stellen Sie sich vor: Göttingen, 1837. In der ehrwürdigen Universitätssaal herrscht angespannte Stille. Der König verlangt die Loyalitätserklärung. Die meisten Professoren unterschreiben – nicht aus Überzeugung, sondern aus Angst.
Jacob und Wilhelm Grimm aber bleiben standhaft. Sie riskieren ihre Karriere, ihr Einkommen, ihre Sicherheit. Doch sie sagen: Nein. Für sie zählt, im Einklang mit ihren Werten zu handeln. Ein klassischer Moment des gewissenhaften Stils: lieber Nachteile in Kauf nehmen, als gegen das eigene Gewissen zu verstoßen.
Und Sie? 
Die Brüder Grimm haben mit ihren Märchen Millionen von Menschen geprägt. Doch ihr Charakter und ihr persönlicher Stil sind ebenso faszinierend wie ihre Geschichten. Vielleicht erkennen Sie sich in ihrer Gewissenhaftigkeit wieder? Oder eher in ihrer idealistischen Haltung?
Finden Sie es heraus – mit dem Persönlichkeitstest, inspiriert von dem Buch „Ihr Persönlichkeitsportrait“.